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Ingrid Niehusen 2017-05-04T13:35:24+00:00

Vom Wert der Bäume

von Ingrid Niehusen

 

„Der Baum, der dem einen Freudentränen entlockt, ist in den Augen anderer ein grünes Ding, das im Wege steht.“ William Blake, 1799

Dass diese Aussage von William Blake nach 200 Jahren noch immer aktuell ist, konnte man u.a. bei den Diskussionen um das Für und Wider der zwischenzeitlich aufgehobenen und 2016 wieder in Kraft getretenen Norderstedter Baumschutzsatzung feststellen. Dieser Beitrag soll deshalb dazu anregen, dem Baum wieder ein „positiveres Image“ zu geben.

Der Baum als Symbol und Kulturgut

Seit jeher gilt der Baum als Symbol für

  • Leben
  • Schutz und Geborgenheit
  • Standfestigkeit und Vertrauen

Nur wenige Lebewesen haben für uns Menschen eine so zentrale und vielfältige Bedeutung wie der Baum. Nicht zufällig finden sich Bäume als Weltenbäume, Lebensbäume, Schicksalsbäume, Bäume der Erkenntnis in allen Religionen dieser Welt. Der Baum in Märchen und Sagen, in Malerei, Dichtung und Musik, als Ort der Kommunikation, der Liebe, des Todes, des Schutzes, der Rechtsprechung, aber auch als Maibaum, Richtbaum, Tanzbaum, Glücksbaum, Freiheitsbaum, Christbaum, Stammbaum und dergleichen zeigt deutlich, wieviel Gemeinsames uns mit Bäumen verbindet.

Baum und Umwelt

In unserer durch Bebauung, Industrie und Verkehr geprägten belasteten Umwelt können große Bäume erträgliche Situationen schaffen. Zu nennen sind u.a.:

  • Die Ausfilterung von Luftschadstoffen: Ein Großbaum kann zum Beispiel 100 Kilogramm Staub im Jahr binden
  • Die Verbesserung des städtischen Kleinklimas: Durch Windschutz, Erhöhung der Luftfeuchtigkeit und Herabsetzung sommerlicher Temperaturen bis zu 6°C als Folge der Beschattung und Transpirationskühlung
  • Die biologische Bereicherung: Durch Gewährung von Deckung und Nahrung für die Tierwelt, vor allem für Vögel, Bienen und andere Insekten

Bäume sind Visitenkarten. Sie prägen wesentlich die Schönheit und Identität eines Ortes („Stadt im Grünen“)

  • Sie dienen der optischen Gliederung und Einbindung von Baugebieten
  • Sie gestalten die Umgebung von Rathaus, Kirche, Schule, Friedhof
  • Sie betonen Ortseinfahrten und Gewässer
  • Sie beleben Gärten, Höfe, und Häuser
  • Sie unterstützen die Straßenführung

Bäume brauchen Pflege, um ihr natürliches Alter zu erreichen

Je mehr die Bäume das menschliche Alter überdauern, um so interessanter sind sie für uns. Doch auch bei sorgsamster Pflege und Beachtung ihrer Standortansprüche läßt sich ihr Leben nicht beliebig verlängern. Die u.a. in unserer Stadt vorkommenden Arten können unter günstigen Bedingungen etwa folgendes Alter erreichen:

  • Selten über 80 Jahre: Weide, Pappel, Erle, Roßkastanie, Robinie, Eberesche, Esche, die meisten Apfel- und Birnensorten, Kirsche
  • Bis 400 Jahre: Rot- und Weißbuche, Ahorn, Wildbirne, Platane, Walnuß, Fichte, Tanne, Lärche und Kiefer
  • Über 400 (bis 1000) Jahr: Eiche, Linde, Eßkastanie, Eibe

Bäume haben es schwer

Oft wird gesunden Bäumen durch mangelnde Fachkenntnis, Unbedachtsamkeit oder Leichtsinn, aber auch Mutwilligkeit, ein vorzeitiges Ende bereitet. Hier sind zu nennen:

  • Rindenverletzungen, verursacht durch Baustellenfahrzeuge und Autos, Missbrauch als Plakatsäule, Halterung für Leitungen, Hinweisschilder, Befestigen von Papierkörben und dergleichen, Benagen durch Weidetiere
  • Wurzelbeschädigungen beim Straßen- und Hausbau, Verlegen von Kabeln und Leitungen
  • Kronenverstümmelungen durch Herstellen des Lichtraumprofils an Straßen, Freischneiden von Gebäuden und Leitungsdrähten, aber auch durch unsinniges „Stutzen“
  • Bodenveränderungen mit Störungen des Licht- und Wasserhaushaltes durch parkende Fahrzeuge, Aufschüttungen oder Bodenabtrag, Grundwasserabsenkung, auch zu starke Vernässung, Asphaltierung und Betonierung („Versiegelung“) z. B. durch Hofbefestigungen
  • Überhitzung des Kambium durch Feuermachen in Stammnähe
  • Wachstumsstörungen durch Luftschadstoffe, Lagerung von Baustoffen, Stallmist und Düngern, Ausbringen von Streusalz, defekte Gasleitungen, Gülleeinwirkungen und anderes mehr

 

Zu fällen einen schönen Baum,
braucht’s eine halbe Stunde kaum,
Zu wachsen, bis man ihn bewundert,
braucht er, bedenk es, ein Jahrhundert
Eugen Roth

 

Der gute alte Hausbaum

Einem Garten ohne Baum fehlt das „gewisse Etwas“:

Ein Baum

  • gibt dem Garten Atmosphäre und Raumwirkung,
  • bindet das Haus harmonisch in seine Umgebung,
  • mildert den Wind,
  • ist natürliches fantasieanregendes Klettergerüst

insbesondere ein heimischer Laubbaum

  • macht die Jahreszeiten unverwechselbar schön durch Blüte, Früchte und Herbstfärbung
  • ist Heimat und Nahrungsgrundlage unzähliger Tierarten
  • spendet im Sommer lichten Schatten und lässt in der Winterzeit die Sonnenstrahlen durch
  • braucht am Boden nur wenig Platz (aber ausreichend Wurzelraum!)
  • bereichert seine Umgebung mit Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit
  • „schluckt“ Staub, Lärm und tagsüber Kohlendioxyd

Trotz all dieser Vorteile scheuen sich viele Gartenbesitzer einen Baum, insbesondere einen Laubbaum zu pflanzen. Bei vorhandenen Bäumen ist häufig der herbstliche Laubfall gefürchtet, dem dann der Kampf mit Laubpuster bzw. -sauger rückenunfreundlich, lärm- und staubverursachend aufgenommen wird.

Dabei wäre es sinnvoll, wenn das Laub unter dem Baum im Bereich der Baumscheibe und auf Beeten liegenbleiben dürfte… Der Boden würde feucht und annähernd „un“krautfrei gehalten, Kleinstlebewesen würden dafür sorgen, dass sich die Blätter in nährstoffreichen Humus verwandeln können. Geeignete bodendeckende Pflanzen ( z. B. Efeu, Schaumblüte, Waldmarbel und viele mehr ) würden das Laub in den Wintermonaten festhalten und verhindern, dass es „in der Gegend herumfliegt“. Lediglich Rasen und Wege sollten, evtl. „sportlich mit einem Rechen“, vom Laub befreit werden.

Also: Mut zum Baum!

Es gibt viele Möglichkeiten: kleinkronige und großkronige, lichte und kompakte Bäume, mit verschiedenen Wuchsformen und unterschiedlichsten Standortanforderungen. Heimische Bäume haben den Vorteil, optimal unserem Klima angepasst und ein wichtiges Glied in der Nahrungskette unserer Tierwelt zu sein.

Mein exemplarischer Hausbaum „für alle Fälle“ ist die Eberesche (Sorbus aucuparia). Sie besitzt eine Fülle von Volksnamen, die ihre weite Verbreitung in Deutschland belegen.

Der Eigenschaft als bestes Vogellockmittel verdankt sie ihrem deutschen Namen „Vogelbeere“. Auch der lateinische Name ist darauf zurückzuführen. Aucuparia leitet sich von „aves capere“ = „Vögel fangen“ ab, was leider trotz europäischer Vogelschutzbestimmungen noch immer in einigen europäischen Bereichen für unsere Zugvögel von leidvoller Bedeutung ist.

In ihrer Vielseitigkeit sucht die Eberesche ihresgleichen. Sie gehört zu den Rosengewächsen. Sie ist licht- und halbschattenverträglich. Das Bodenspektrum reicht von mager bis nährstoffreich, von trocken bis feucht, von sauer bis basenreich. Sie wächst auch auf ausgesprochenem Rohhumus, steinigen Böden und ausgeprägten Kalkböden. Sie zeichnet sich besonders durch ihre Frosthärte und Winderträgnis aus. Sie zeigt sich robust gegen Luftschadstoffe und ist somit auch an verkehrsreichen Straßen geeignet. Die abgeworfenen Blätter zersetzen sich schnell und beeinflussen damit die Humusbildung positiv.

Als standortheimischer Baum bietet die Eberesche mit ihren Blüten ca. 30 Insektenarten und mit ihren Früchten über 60 Vogelarten Nahrung. Die Kostgänger der Eberesche scheiden die unversehrten Samen nach dem Verdauen des Fruchtfleisches aus und sorgen somit für die natürliche Ausbreitung dieses Baumes.

Das beste Wachstum zeigt die Eberesche freistehend bei vollem Sonnenlicht. Ist der Blütenschmuck schon eindrucksvoll, so sind es die scharlachroten, hängenden Fruchtstände noch mehr. Auch die warmbraune Herbstfärbung der Blätter ist schön anzusehen. Sie braucht im Vergleich zu anderen Laubbäumen wenig Platz, wird nicht so hoch und kann selten ein Alter von 80 Jahren erreichen, was jedoch in unseren städtischen Bereichen meist weit unterschritten wird.

Ein Blick in die germanische Mythologie zeigt, dass sich die Menschen schon vor 2.000 Jahren mit der Vogelbeere befasst haben. Danach soll sie in vorchristlicher Zeit dem Wetter- und Donnergott Thor gewidmet gewesen sein. Die keltischen Priester machten sie zum Baum des Lebens, sprachen ihr Schutzkräfte gegen Unheil und bösen Zauber zu. Deshalb bepflanzten sie ihre heiligen Stätten mit Ebereschen.

Tun wir es ihnen nach und pflanzen eine Eberesche in unseren Garten! Die heimische Tierwelt wird es uns danken und unseren Garten zum „Heiligtum“ machen!

Quellennachweis: Auswertungs- u. Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft u. Forsten (AID), Bonn: Bäume im ländlichen Siedlungsbereich ; Susanne Fischer, Verlag 2001: Blätter von Bäumen / Legenden, Mythen, Heilanwendung und Betrachtung von einheimischen Bäumen; Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW): Die Vogelbeere/Eberesche, Baum des Jahres 1997.